Die Weseler Gymnasien halten wenig von der Idee von Rot-Grün, den Schulen die Entscheidung über G8 oder G9 zu überlassen. Und: Weil Lehrer Mangelware sind, bleiben Stellen am AVG und KDG ab August unbesetzt.
VON KLAUS NIKOLEI in RP vom 7.7.2010
WESEL Es gibt einen Punkt im unterschriftsreifen Koalitionsvertrag von Rot-Grün, der an den Gymnasien im Lande für reichlich Gesprächsstoff sorgt. Denn die neue Regierung möchte bekanntlich den Gymnasien künftig die Entscheidung selbst überlassen, ob sie das unter Schwarz-Gelb eingeführte „Turbo-Abitur" nach acht (G 8) beibehalten oder das Abi wieder entschleunigt nach neun Jahren (G 9) anbieten wollen. In Gesamtschulen gilt nach wie vor G 9. Auf mögliche „Wahlfreiheit" reagieren die Direktoren der beiden Weseler Gymnasien äußerst zurückhaltend und mit gleichem Wortlaut - als hätten sie sich abgesprochen.
Großes Durcheinander befürchtet
„Ich halte nicht viel davon: rein in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln", sagt Dr. Heinzgerd Schott vom Konrad-Duden-Gymnasium. „Das würde ein großes Durcheinander schaffen und Eltern und Schülern sicher nicht viel helfen." Sinnvoller sei es, Überlegungen anzustellen, ob und wie Strukturen bei G 8 geändert werden können. „Wir befinden uns derzeit noch in einer Übergangsphase und haben kaum durchgehende Erfahrungen mit G 8. Es muss sich noch einiges einspielen", sagt Dr. Schott.
Kollege Jürgen Berner vom Andreas-Vesalius-Gymnasium möchte sich gar nicht näher zu dem Thema äußern. Nur so viel: „Wenn es tatsächlich so käme, dann müssten Lehrerschaft und Schulkonferenz darüber sprechen und sich einigen." Grundsätzlich, betont Jürgen Berner, „war mein Tenor immer, dass das Turbo-Abitur für viele Schüler nicht das Richtige ist. Denn Schüler benötigen heute viel mehr Betreuung statt weniger."
Themenwechsel: Bei der Besetzung von freien Lehrerstellen haben beide Gymnasien ähnliche Probleme. „Es gibt deutlich mehr Stellen als Bewerber. Und wir kämpfen mit dem Phänomen, dass viele junge Lehrer lieben in Großstädten arbeiten wollen, als in der Provinz", sagt Dr. Schott.
Seiteneinsteiger-Stellen beliebt
Drei Stellen bleiben deshalb am KDG im neuen Schuljahr unbesetzt. Vertretungskräfte und ein Seiteneinsteiger für Deutsch und Sozialwissenschaft, der sich unter 50 Bewerbern aus ganz Deutschland durchgesetzt hat, sollen dafür sorgen, dass in den Hauptfächern kein Unterricht ausfällt.INFO : KDG: Ganztag startet
Morgen wird Dr. Heinzgerd Schott im Weseler Schulausschuss im Detail über den im August beginnenden Ganztagesbetrieb im Konrad-Duden-Gymnasium berichten. Unter anderem wird er den Ausschussmitgliedern darüber berichten, wie die 36 Wochenstunden aufgeteilt werden, wie sich die Schule die individuelle Förderung der Kinder vorstellt und wie verpflichtende Arbeitsgemeinschaften organisiert werden.
Gar fünf Lehrer im Bereich Naturwissenschaften fehlen dem AVG. Um das Loch zu stopfen, muss in der Sekundarstufe I die eine oder andere Sportstunde ausfallen. Neu ins 92-köpfige AVG-Lehrerteam aufgenommen werden im August drei Seiteneinsteiger, die vom ersten Tag an unterrichten (15 Wochenstunden) und parallel die pädagogische Ausbildung (zwei Jahre) im Studienseminar durchlaufen.