In Amerika ist vieles anders, wie die Weselerin Anna Holthuis derzeit in der Partnerstadt Hagerstown erfährt
Wesel/Hagerstown. Seit 58 Jahren besteht zwischen Wesel und Hagerstown in den USA eine Partnerschaft. Wenn Weseler dorthin reisen oder, wie kürzlich, Schüler von dort in Wesel sind, erfahren wir ein bisschen über die „Partner". Für Einblicke kann jetzt Anna Holthuis sorgen: Die 16-jährige Weselerin ist seit August für ein Jahr Gastschülerin an der North Hagerstown High School. Sie hat dort ein besonderes Ereignis erlebt: Homecoming. Die Vorfreude der Schüler auf das große Ereignis an „meiner" High School war riesig. Meine Gastschwester Sarah steckte mich mit ihrer Begeisterung an. Aber was soll das sein: „Homecoming"? Und warum ist das für die Schüler an jeder High School in Amerika ein so wichtiges Ereignis?
Erst kommt der Sport
Der große Tag beginnt morgens um zehn auf dem Schulgelände mit einer Parade der Marching Band. Später wird es vor großer Kulisse sportlich: Im Schulstadion wird das Auftaktspiel der neuen American-Football-Saison ausgetragen. Unsere Mannschaft, die „Hubs" der North Hagerstown High School, werden natürlich mit großem Jubel angefeuert.
Interessanter ist für mich ist das große Showprogramm drum herum. Vor allem die Cheerleader begeistern mit ihren akrobatischen Tanzeinlagen. Und auch die Marching Band ist wieder mit dabei. Alle Band-Mitglieder tragen rote Uniformen und Hüte mit weißen Federn. Sie erinnern mich an die Spielmannszüge der Schützen in Wesel. Sie stellen sich auf dem Spielfeld in Reih und Glied auf. Diesmal zeigen sie zu ihrer Musik eine extra einstudierte Choreografie. Dabei laufen die Bläser, während sie Trompete, Flöte oder Posaune spielen, in festgelegten „Mustern" über den Platz. Eine großartige Show. Nach einer Aufforderung über die Lautsprecher steht das gesamte Publikum auf. Alle nehmen ihre Kopfbedeckungen ab und singen laut und mit der Hand auf dem Herzen die amerikanische Nationalhymne. Danach ziehen beide Football-Mannschaften unter lauten Anfeuerungs- und Jubelrufen ein. Schön, dass die „Hubs" so gut spielen und mit 47:0 (!) gewinnen.
Und dann Stunden fürs Styling
Nach dem Spiel gibt es eine lange Pause für alle. Die ist wichtig: Die nächsten drei bis vier Stunden nutzen alle Schülerinnen und Schüler, um sich für den Abend zurecht zu machen. Das dauert nun mal -vor allem bei den Girls, wenn es denn gut sein soll. Oft werden Frisur und Make-Up in professionelle Obhut gegeben. Jeder versucht so perfekt wie möglich auszusehen. Am späten Nachmittag ist Zeit für eine Foto-Session. Dafür gehen die meisten in einen Park oder in ihren Garten, um jedes Detail vor einem schönen Hintergrund festzuhalten.
Danach werden die Schülerinnen von ihren „Dates" (sofern sie welche haben, was nicht zwingend notwendig ist) - also von den Jungen - zum Essen ausgeführt. Um 20 Uhr beginnt der Homecoming-Tanz in der Sporthalle der Schule. Standard-Tänze sind dabei völlig unbekannt. Es ist eher eine Disco, bei der die feine Garderobe ganz schön strapaziert wird. Klar, dass Alkohol tabu ist. Dafür fließen eine Unmenge Cola und andere Soft-drinks. Um punkt 23 Uhr heißt es Lichter und Musik aus. Alle verlassen das Schulgebäude. Dann geht man meistens noch zu dem einen oder anderen Freund, um je nach Wetter am Lagerfeuer oder anderswo zusammen zu sitzen und sich über den Abend zu unterhalten. „That's America": Viel Glanz und viel Show und nebenbei auch noch Sport.
NRZ vom 09.10.10HEIMSPIEL-PREMIERE
Was der Begriff meint
Homecoming - der Begriff meint das erste Spiel der „eigenen" Mannschaft zu Hause, wenn die neue Spielrunde beginnt. Daraus hat sich ein „Event" mit allerlei Drumherum entwickelt.