NRZ; 26.01.21
Das Motto stand schon lange vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie fest. An ihr "Mafiabi" dürften sich Helena Goerke und Julius Willich vom Konrad-Duden-Gymnasium in Wesel aber auch so noch lange erinnern - gehören die Schüler doch zum Corona-Abiturjahrgang 2021. Ihre Prüfungen sollen - Stand jetzt - wie geplant im April und Mai stattfinden. Die Redaktion sprach mit den beiden 17-Jährigen über Schule auf Distanz, das Lernen im Homeoffice und ihre Zukunftspläne.
NRZ: Wie habt ihr Schule, das Lernen für euer Abi seit dem Ausbruch der Pandemie erlebt? Wie waren eure ersten Erfahrungen?
Julius: Es war
ganz komisch damals, wir hatten ja vorher noch nicht einmal
Onlineseminare in der Schule. Plötzlich hat der Leistungskurs dann aber
digital stattgefunden. Zwischen dem ersten und zweiten Lockdown haben
wir uns zum Unterricht manchmal noch in der Sporthalle getroffen. Jetzt
ist man dagegen schon an Schule in dieser Form gewöhnt.
Helena: Das
stimmt, inzwischen läuft der Unterricht definitiv besser als zu Beginn
von Corona. Aber es ist für mich trotzdem keine Alternative zum
Präsenzunterricht. Der soziale Austausch untereinander fehlt einfach.
Ich hatte aber schon damals ein ungutes Gefühl, als wir im Oktober mit
30 Schülern in der Klasse saßen - und dann im vollen Bus. Wir hatten
unzählige Kontakte und auf der anderen Seite auch eine Verantwortung
gegenüber den Gesunden.
NRZ: Und was ist der Unterschied jetzt im zweiten Lockdown? Wie laufen die Klausuren ab?
Julius: Es läuft
jetzt alles ein bisschen geordneter ab, der Unterricht erfolgt zu festen
Zeiten. Es gibt fast keinen Ausfall, aber wir fahren nur noch zu den
Klausuren in die Schule - und man freut sich, mal die Leute zu sehen.
Helena:
Seit Dezember waren wir nicht mehr in der Schule. Das wird auch in
nächster Zeit nur noch zu den Klausuren in der Aula oder Mensa sein.
Irgendwie kommen wir nur noch hierhin, um unsere Leistung nachzuweisen.
Das ist schon ein seltsames Gefühl.
NRZ: Was läuft denn gut im virtuellen Unterreicht, was weniger?
Julius:
Die Organisation ist eigentlich gut, die Internetverbindung steht auch
in der Regel. Der Lehrer startet den Unterricht und bestimmt auch die
Pausen. Wir arbeiten nach einem geregelten Stundenplan. Nur
zwischendurch setzt mal bei dem einen oder anderen die Kamera oder der
Ton aus.
Helena: Ich finde aber, dass nach einer gewissen Zeit das
Konzentrationsvermögen abnimmt. Denn es ist viel schwieriger, den Stoff
am Laptop aufzunehmen als in der Schule mit geregeltem Ablauf. Mit den
Darstellungsformen wie beispielsweise Präsentationen funktioniert es
technisch sehr gut. Es ist insgesamt lernintensiver, weil auch weniger
hängenbleibt - digitaler Unterricht ist die größere Herausforderung. Wir
müssen jetzt mehr in Eigenarbeit erledigen. Was es für uns schwierig
macht, ist die Ungewissheit, die fehlende Planbarkeit, wie es bis zu den
Prüfungen weitergeht.
NRZ: Wie intensiv würdet ihr den Kontakt zu euern Mitschülern und den Lehrern beschreiben?
Helena:
Es gibt kaum Verständigungsprobleme, die Lehrer sind gut erreichbar und
sind auch sehr engagiert. Andererseits stört diese ständige
Erreichbarkeit auch etwas. Man ist immer etwas gezwungen, abends um 18
Uhr seine Nachrichten abzurufen, sich Informationen zum Unterricht zu
beschaffen. Mit Freunden und Mitschülern vermeide ich momentan den
persönlichen Kontakt. Eigentlich ist man tatsächlich nur noch mit der
Schule beschäftigt. Wir arbeiten die Schule ein Stück weit ab, haben im
Moment keinen Ausgleich.
Julius: Man kann jeden fast zu jeder Zeit
anschreiben - wir arbeiten zurzeit viel mit dem Programm Teams. Auf der
anderen Seite heißt es aber auch: Man kann wenig abschalten, sitzt
wirklich den ganzen Tag am Schreibtisch. Nur mit einem Freund treffe ich
mich noch persönlich. Das fehlt als Motivationsfaktor.
NRZ: Man spricht oft vom Corona-Abitur. Habt ihr Angst, dass es als Notabitur betrachtet wird?
Julius:
Na ja, es ist ja keinesfalls leichter als vorher. Wir müssen uns alles
selbstständig erarbeiten, in digitalen Lerngruppen. Wir machen am Ende
ganz normale Abiturprüfungen, deshalb wird es auch nicht so auffallen.
Eine gewisse Sorge bleibt, aber Angst wäre vielleicht übertrieben. Es
könnte im Februar durchaus noch Anpassungen geben. Dennoch ist es
wichtig, in Deutschland einheitliche Regelungen zu haben.
Helena: Ich
denke auch, dass unser Abi eher schwerer ist. Was die
Auswahlmöglichkeiten und die Chancengleichheit betrifft, muss man erst
mal die nächsten Wochen abwarten. Ich bin aber dagegen, dass Themen
gekürzt und Auswahlmöglichkeiten eingeschränkt werden - und man in
Englisch beispielsweise nicht nur Shakespeare bekommt. Unser Abitur soll
vergleichbar bleiben - und ein Abitur ohne Klausuren wäre deshalb keine
Alternative.
NRZ: Was wird euch am Ende eurer Schulzeit fehlen? Und wie sehen eure Pläne für die Zeit danach aus?
Julius:
Die Abschlussfahrt ist ausgefallen, die Chaoswoche wird es auch nicht
geben. Und wir hätten gerne mit allen noch mal gefeiert. Nun kann man
sich praktisch gar nicht verabschieden. Ich möchte dann nach dem Abitur
BWL studieren.
Helena: Das Schöne, das Zusammensein mit den
Mitschülern fällt weg, aber die Pflicht bleibt. Das ist traurig auch für
das Gemeinschaftsgefühl. Denn man macht ja nur einmal Abi. Danach
möchte ich Medizin oder Lehramt studieren, die Zeit vorher vielleicht
mit einem Auslandsaufenthalt überbrücken.